Art After Work #11
in unserem Kundencenter
Niels Schubert
Concrete & Color
Associazione Motonautica Ligure, Genova Via Quinto Genova Via Quarto, Priaruggia, Corso Italia, Fine della Stagione
Das sind Titel- oder Kapitelnamen für Bilder die Niels Schubert in Genua in den letzten Jahren aufgenommen hat. Auf Italienisch klingt das für unsere Ohren wunderbar südlich, leicht und beschwingt. Die Bilder dazu bilden einen unerwarteten Kontrast - kein Sandstrand, keine Palmen, keine italienische Grandezza. Nein, wir sehen die Normalität eines Strandlebens mitten in der Großstadt, die wir nördliche Touristen kaum je zu sehen bekommen. Hier sind die Genueser unter sich, sind in diesen Bädern mit den verheissungsvollen Namen und mit ihnen gealtert. Niels Schubert hat sich für sein Projekt, die vom Corso Italia aus gesehen südlich des Hafens gelegenen Strandbäder Genuas, ausgesucht, wobei das Wort „Strand“ in den meisten Fällen im übertragenen Sinne verstanden werden muss, da der Strand von Betonflächen und Wellenbrechern oder auch mal einem schmalen Kiesstrand geprägt wird.
Oft ist der Unterschied nur eine Schnur, die unbeachtet am Strand und im Wasser liegt, oder ein schlecht gestrichener wenig ansehnlicher Zaun. Sie machen den Unterschied zwischen der Spiaggia Libera, dem freien Strand, und dem „Stabilimenti Balneari“, der kostenpflichtigen Badeanstalt. In keinem Land Europas unterliegt der Zugang zum Wasser einer ähnlichen Regulierungswut, wie in Italien.
Entweder man ist Mitglied im Club, oder nicht, dann ist man entweder ausgesperrt oder zahlt eine empfindlich hohe Tagesgebühr für die Liegestuhl- und Duschenbenutzung. Schirme, Liegen, Zäune, Strandhäuschen formen ein mal strenger mal freier geordnetes geometrisches Muster, ganz im Gegensatz zu den wenigen freien Stränden oder Zugängen zum Meer - hier herrscht Anarchie und Freiheit.
Die vorherrschende Farbe in den Bildern von Niels Schubert über den schmalen der Stadt vorgelagerten kalkigen Küstenstreifen Genuasist grau, das Grau des Kalkfelsens auf dem ganz Genua fusst, ob nun in Form von gegossenem Beton oder Strandkieseln, das Grau bildet den Hintergrundton seiner Bilder, wie eine monochrome Leinwand, auf die das Licht über den Umweg durch Luft und optische Linsen Farben und Formen malt. Manchmal wirken die Bilder fast abstrakt, konstruktiv, dann wieder impressionistisch, je nach der vorherrschenden Strandordnung und Belegungsdichte durch die Sonnensuchenden, die sich in der Mehrzahl liegend oder ruhend in fast immer stilbewusster Badebekleidung der Sonne anbieten, Italiener eben.
Wenn man an Strandbilder und Italien denkt, fällt einem sofort Massimo Vitali mit seinen ausgebleichten, immer leicht überbelichteten, übervölkerten Sandstrandszenen ein - die Bilder von Niels Schubert bilden dazu einen interessanten, unerwarteten ruhigen Kontrast in ihren Grundstimmungen die zwischen nüchterner Dokumentation und melancholischer Betrachtung schwankt.
Das sind nicht die mondänen Bäder der ligurischen Küste, mit ihren jachtlastigen Häfen, der Schönen und Reichen aus Mailand, die für ein paar verlängerte Wochenenden ans Meer kommen! Das sind die Rückzugsorte der Normalbürger einer italienischen Großstadt. Ob wohl der Stuttgarter Neckarhafen einmal eine ähnliche Kulisse bilden wird, wenn die letzen Lagergebäude und Fabrikhallen, Apartmenthäusern gewichen sind und der Neckar als Badefluss freigegeben ist? Alles vorstellbar, aber das Licht wird nie dasselbe sein, die Szenerie leider schon gar nicht.
An der vorherrschenden Hautfarbe erkennen wir den Zustand der Sommersaison, je später im Jahr desto gebräunter die Hauttöne. Auch die Lichttemperatur verändert sich vom Frühjahr über den Sommer bis zum Herbst spür- und sichtbar. Nichts auf diesen Bildern deutet auf Hektik hin, alles ist Ruhe und Gelassenheit, Die Badenden kennen sich untereinander, sind zusammen älter geworden. Jedes Jahr der gleiche Rhythmus … im Frühsommer kommen die Liegen und Schirme raus und am Ende der Saison wird alles in die mit einfachsten Mitteln gebauten Garagen und Schuppen geräumt, vor den Herbst- und Winterstürmen geschützt, die sich auf den letzten Bildern schon andeuten.
(Text: Markus Hartmann | www.hartmannprojects.com)